Der letzte Streich

Beim SC Freiburg wird es heute emotional: Der langjährige Cheftrainer Christian Streich steht am 33. Spieltag das letzte Mal in einem Heimspiel an der Seitenlinie der Freiburger. Gegen den 1. FC Heidenheim soll aber das Geschehen auf dem Platz im Vordergrund stehen.

Christian Streich: Zahlen einer Karriere

487 Spiele, 195 Siege, 123 Unentschieden und 169 Niederlagen. Bei einem ausgeglichenen Torverhältnis von 722 geschossenen und 722 kassieren Toren: Christian Streich hat in seinen 12,5 Jahren als Cheftrainer der Bundesliga-Mannschaft große Fußstapfen hinterlassen. In den Saisons 2013/14, 2022/2023, 2023/2024 spielte man in der Gruppenphase der Uefa Europa League. 2017/2018 scheiterte man in der Qualifikation an NK Domzale.

Auch im nationalen Pokalwettbewerb sorgte man für Furore: Für viele SCF-Fans unvergessen der Sieg über den FC Bayern München und der damit verbundene Einzug in das Halbfinale 2022/2023, dass der SC Freiburg unter Streich drei Mal erreichte (2012/2013) und man einmal (2021/2022) sogar überstehen konnte und ins Endspiel einzog.

Soweit die bekannten Fakten. Doch die Zeit von Christian Streich beim SC Freiburg lässt sich schwer in geschossenen Toren und weiteren Kennzahlen beschreiben.

Christian Streich ist eine Ikone in Freiburg

Christian Streich ist eine Ikone in Freiburg. Er war als Spieler in dieser Stadt tätig (für den FFC und den SCF) und er begann im Juli 1995 (!) als Jugendtrainer bei einem Verein, der mit den Breisgau-Brasilianern gerade die ersten Erfolge in der Bundesliga feiern konnte.

Streich, unweit von Freiburg aufgewachsen, kennt den Verein und die Stadt aus dem Effeff und hat die erfolgreichsten Phasen der Vereinsgeschichte hautnah miterlebt und mitgestaltet. Mit der Eröffnung der Freiburger Fußballschule 2000 begann die Erfolgsgeschichte der Jugendmannschaften mit zahlreichen Pokalsiegen. Und auch Christian Streich als U19-Trainer geriet in den Fokus der Öffentlichkeit.

Erst als Co-Trainer von Marcus Sorg und eben dann, im Dezember 2011, als Chef-Trainer des SCF. Damals eine mutige aber folgerichtige Entscheidung. Der SCF hat schon immer und wird auch immer auf den eigenen Nachwuchs setzen. Mit Streich einen Trainer zu befördern, der viele dieser Spieler von kleinauf kennt, ist nur konsequent.

SCF-Kapitän Christian Günter ist ein Spieler, der schon seit halbes Leben mit Streich arbeit und von ihm gefördert und gefordert wurde. So gelang der Weg als Mitläufer in der B-Jugend bis zum Nationalspieler.

Christian Streich: Identifikationsfigur und Sprachrohr des SC Freiburg

Mit Christian Streich verlässt ein erfolgreicher Trainer den Verein. Und, das ist vielleicht noch ein Stück entscheidender: Der Sportclub verliert eine Identifikationsfigur. Streich war nicht nur für Taktik und Aufstellung verantwortlich. Er war auch mitentscheidend für viele Spielertransfers und vertrat den Klub als Sprachrohr in der Öffentlichkeit. Mal humorvoll aber oft auch mit ernsten Themen.

Streich war sich nie zu schade, auch unbequeme Dinge anzusprechen. Damit machte er sich angreifbar. Damit polarisierte er. Aber dadurch gewann er und der Verein auch viele Sympathien. Weil Streich, authentisch und gerade aus, dass tat, was vielen auf dem Herzen lag: Es sprach Missstände an.

Er schimpfte über Politiker, verurteile das Verhalten der Medien und legte den Finger in die Wunde aller Fußball-Romantiker die angesichts der immer größeren Kommerzialisierung des Profifußballs ohnehin schon etwas den Bezug zum Fußball verloren haben.

Der SC Freiburg und Christian Streich: Eine Erfolgsgeschichte

Zur Wahrheit gehört aber auch: Selbst in Freiburg verdient man als Profi mittlerweile so gut, dass man sich täglich drei warme Mahlzeiten leisten kann. Auch in Freiburg wird viel Geld eingenommen und ausgegeben. Es wurde ein neues Stadion gebaut, dass ständig ausverkauft ist. Und der Verein ist nun auch mit sogenannten Erfolgsfans konfrontiert, die, ganz zum Leidwesen von Streich, auch mal die eigene Mannschaft auspfeifen.

Der Fußball hat sich verändert und auch der SC Freiburg ist ein anderer als im Sommer 1995. Großen Anteil an dieser Entwicklung hat Christian Streich. Danke dafür.